Vatikan

Papst hält Weihnachtsansprache - voller Tatendrang ins neue Jahr

Gegen Stillstand und Erstarrung im Vatikan hat sich Papst Franziskus in seiner Weihnachtsansprache an die römische Kurie ausgesprochen. In einer langen Grundsatzrede an die führenden Mitarbeiter der Zentrale der katholischen Weltkirche sagte er am Donnerstag im Vatikan: "Auch im Dienst hier in der Kurie ist es wichtig, in Bewegung zu bleiben; nicht aufzuhören, die Wahrheit zu suchen und zu vertiefen; die Versuchung zu überwinden, stehen zu bleiben und innerhalb unserer umhegten Bereiche und Ängste 'herumzuirren'. Ängste, Starrheit und schablonenhafte Wiederholung erzeugen eine Unbeweglichkeit, die den scheinbaren Vorteil hat, keine Probleme zu schaffen (...), sie führen dazu, dass wir uns in unseren Labyrinthen im Kreis drehen."

Zu der traditionellen Weihnachtsansprache in der Benediktionsaula im Vatikan waren am Donnerstagvormittag zahlreiche Kurienkardinäle, Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien gekommen, die an der Spitze der Vatikan-Behörden arbeiten. Mit jedem einzelnen tauschte sich der Papst anschließend kurz aus, darunter auch mit dem deutschen Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller und dem deutschen Kurienbischof Franz-Peter Tebartz-van Elst.

Die 31 Tage vom 8. Dezember bis zum 7. Januar haben es im Vatikan in sich. In diesen Wochen absolviert der Papst ein dichtes Programm von Gottesdiensten und Ansprachen. Eine Woche vor Heiligabend hat Franziskus sein 87. Lebensjahr vollendet. Nach vielen Sorgen um seine Gesundheit im zurückliegenden Jahr - einschließlich einer größeren OP im Juni und einer abgesagten Reise Anfang Dezember - fragten manche Kommentatoren, ob er diesmal den Weihnachtsmarathon schaffen würde. Doch die Chancen stehen gut.

Schon zum Auftakt am 8. Dezember kam er trotz Winterkälte zur Mariensäule neben der Spanischen Treppe. Er verlas sein Gebet ohne allzu große Atemnot. Und er blieb, schüttelte Hände und nahm im Rollstuhl ein Bad in der Menge. Auch bei den folgenden Auftritten, bei Generalaudienzen und beim Angelus-Gebet am offenen Fenster im Apostolischen Palast, zeigte sich der Pontifex in gebesserter körperlicher Verfassung und mit guter Laune.

Das schräg gesungene Kinder-Geburtstagsständchen am 17. Dezember brachte ihn ebensowenig aus der Ruhe wie die Misstöne in der vatikanischen Kurie nach der Verkündung des harten Urteils gegen Kardinal Angelo Becciu am Tag davor. Der Geistliche, immerhin lange die Nummer drei im Vatikan, soll wegen Unterschlagung und Betrug für mehr als fünf Jahre hinter Gitter kommen. Das fanden manche im Kardinalskollegium zu hart und nicht passend für einen Papst, der sich die Barmherzigkeit auf die Fahnen geschrieben habe.

In der Weihnachtsansprache forderte er seine engsten Mitarbeiter auf, in Bewegung zu bleiben. Dass er es mit der Bewegung ernst meint, unterstrich der Papst am 18. Dezember. Er genehmigte seinem wichtigsten Mann im Vatikan, dem argentinischen Kardinal Victor Fernandez, die Veröffentlichung einer Erklärung, die von manchen als Revolution gedeutet wurde: Ab sofort können katholische Geistliche auch gleichgeschlechtliche und unverheiratete Paare segnen - sofern sie darauf achten, dass dies nicht als Ersatz für eine Trauung missverstanden wird. Seither rumort es in Teilen der Weltkirche, vor allem in Afrika. Wohin diese Bewegung führen wird, ist noch nicht absehbar.

Wenige Tage zuvor hatte das Synodensekretariat im Vatikan weitere Reformdebatten für 2024 angekündigt. Der Papst persönlich werde sich, unterstützt von Fachleuten aus allen Erdteilen, mit den großen kirchlichen Streitthemen wie Frauendiakonat und Reform des Kirchenrechts befassen, die von der Weltsynode im Oktober benannt wurden.

Lange hieß es, dass diese Themen erst nach der zweiten Synodenhälfte - sie tagt im Oktober 2024 - auf seinem Schreibtisch landen würden. Nun sind sie bereits in den kommenden Monaten dran, und niemand weiß, was der Papst der Synode vorschlagen wird.

Im Vergleich dazu wirkt das Feiertagsprogramm im Vatikan fast wie eine Kleinigkeit. Doch die liturgischen Höhepunkte der Weihnachtszeit sind wichtig. Viele Millionen Menschen in aller Welt werden sehen, wie der Papst an Heiligabend zur Christmette im Petersdom einzieht und hören, was er am 25. Dezember beim Segen "Urbi et orbi" zur Weltlage sagt.

Die weiteren Auftritte zu Silvester, an Neujahr und am Fest der Taufe des Herrn stehen dann nicht mehr so sehr im Fokus der Weltöffentlichkeit. Aber auch sie werden Aufschluss geben über die körperliche und geistige Verfassung des Kirchenoberhaupts am Beginn eines Jahres, das im Vatikan ein aufregendes werden dürfte.

Ludwig Ring-Eifel/KNA